Ärzte aus neun Fachgebieten verraten, was mit auf Reisen muss. Plus: Wie Sie sich im Notfall selbst helfen.
Allergien (z. B. Lebensmittelallergie, Insektengift, Asthma) machen leider nie Urlaub. Eine Reise ist alles andere als eine wohltuende Auszeit für Darm und Intimbereich. Und am Land sowie zu Wasser lauern zahlreiche Gefahren – für Haut, Ohren, Gelenke, Muskeln & Co. „Jeder Dritte bis Vierte, der in den Süden reist, verliert kostbare Urlaubstage durch eine Darmerkrankung“, weiß Darmexperte Dr. Friedrich A. Weiser. Fast ebenso häufig sind Infektionen der Harnwege, die oft nur durch Antibiotika in den Griff zu bekommen sind.
Wer allerdings mit einer gut bestückten Reiseapotheke an den Ort der Träume reist, kann Beschwerden vorbeugen und sich im Akutfall sofort selbst helfen. Auf den kommenden Seiten verraten Fachärzte, was sie in ihre Reiseapotheke packen, worauf beim Transport zu achten ist und wie Medikamente, Pinzetten, Verbände & Co. präventiv sowie im Fall der Fälle zum Einsatz kommen. Zudem erfahren Sie auf Seite 16, ab wann Gefahr in Verzug ist und wo Sie im Notfall Hilfe finden. Ihr umfangreiches Reiseextra zu Beginn der Urlaubssaison:
Ich packe meinen Koffer ...
Planen Sie Ihre Gesundheitsvorsorge so akribisch wie Ihre Kleiderwahl. Die Checkliste dafür müssen Sie nicht einmal selbst erstellen. Was in Ihre Basis-Reiseapotheke rein sollte, was bei der Versorgung von Verletzungen benötigt wird und was Sie im Gepäck haben sollten, wenn Sie mit Kindern verreisen, erfharen Sie hier:
❯❯ Reiseapotheke Checklist
✏ Die Basisapotheke Arzneimittel gegen: – Fieber, Schmerzen, Grippe – Mund- und Rachenentzündungen – Durchfall – Erbrechen – Reisekrankheit – Verdauungsbeschwerden – Sonnenbrand, Insektenstiche, Allergien – Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor. Spezielle Produkte bei „Sonnenallergie“ (z. B. fett-, emulgator-freie Hydrodispersionsgele) – Nasentropfen – Augentropfen (für jeden Reisenden ein eigenes Fläschchen) – Präparat zum Ersatz von Mineralstoffen bei schwerem Durchfall – Fieberthermometer – Arzneimittel zur Prophylaxe spezieller „Tropenkrankheiten“ – je nach Reiseziel (Infos www.tropeninstitut.at).
✏ Zur Versorgung von Verletzungen – Mittel zur Hautdesinfektion – Wund- und Heilsalbe – aluminisierter Verbandmull gegen Verbrennungen – elastische Binde 5 m/6 cm – Mullbinden 6 cm und 8 cm – Heftpflaster, Pflaster-Strips Einwegspritzen (nur mit mehrsprachiger Erklärung) – Erste-Hilfe-Anleitung – eine Schere und eine Pinzette – Kältespray oder Kältebeutel – Haftbandagen – Salben für Prellungen/Verstauchungen
✏ Reisen mit Kindern – Fiebersenkende Mittel als Zäpfchen oder Saft – Elektrolytpräparate bei Durchfall, Erbrechen – Mikroklistiere gegen Verstopfung – Kindergerechter Insekten-, Sonnenschutz
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Sicher Reisen und Urlauben
Besondere Achtsamkeit ist geboten, wenn (chronische) Erkrankungen – wie z. B. Diabetes, Herzleiden – oder auch Allergien bestehen. Arzt und Apotheker des Vertrauens unterstützen bei der Urlaubsvorbereitung und klären darüber auf, was bei der Anreise (z. B. Thromboseschutz, richtiger Transport von Medikamenten wie Insulin, s. auch Seite 8) und am Urlaubsort (z. B. Zeitverschiebung und Medikamenteneinnahme, erhöhte Aktivität und Sonnenschutz) zu beachten ist.
Für alle gilt: Eine gute, sorgfältige und bedachte Vorbereitung kann so manchen Urlaub retten.
Reiseprophylaxe: Das raten Mediziner
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Darm
Darmstärkung: Fremde Keime und ungewohntes Essen können im Urlaub das Verdauungs-System aus dem Gleichgewicht bringen. Bereiten Sie Ihren Darm mit Synbiotika vor. Plus: Auf vermehrte Hygiene achten. Rohkost vermeiden.
Durchfall: Elektrolytlösungen, die mit Mineralwasser getrunken werden, helfen, durch Reisedurchfall bedingte Austrocknung auszugleichen. Achtung: Bei blutigen Durchfällen ist eine Antibiotikakur anzuraten. Ansässige Ärzte wissen über gängige Keime Bescheid. Bei normalem Durchfall kann zudem der Einsatz eines Peristaltikhemmers (Loperamid) helfen. Verstopfung: Dagegen empfiehlt sich die Mitnahme von Laxantien.
Dr. Friedrich A. weiser FA f. Chirurgie; medico-chirurgicum.at
Urologie
Harnwegsinfektion: Vor allem Frauen sind betroffen. Kann äußerst schmerzhaft sein, meist von einem häufigen Harndrang begleitet. Eine der häufigsten Ursachen ist das Nicht-Wechseln des Badeanzugs nach Aufenthalt im Wasser (Kälte am Unterbauch begünstigt eine Entzündung). Deshalb: Immer nach dem Baden den Badeanzug wechseln. Sollte es bereits zu einer Harnwegsinfektion gekommen sein, hilft Wärme.
Bei stärkeren Infektionen sollten Antibiotika eingenommen werden.
Nierensteine: verursachen starke Schmerzen. Vor Reiseantritt: urologische Untersuchung bei Patienten die eine Steingeschichte haben und bei einem Verdacht auf Steine (einseitige Flankenschmerzen) sehr wichtig, um eventuelle Nierensteine auszuschließen.
Univ.-Prof. Dr. Shahrokh Shariat Fa f. Urologie; shariat.at
Haut
Sonnenbrand: Das Wichtigste: Vorsorge mit hohem Lichtschutzfaktor: (2 mg/cm2 Haut). Mittagssonne meiden. Wenn Sonnenbrand entsteht: Kühlende Inhaltsstoffen auftragen (z. B. Euceta Gel, Aloe-vera-Gel, Bepanthen Schaumspray). Sollte der Sonnenbrand so stark sein, dass Blasen entstehen, hilft eine kortisonhaltige Salbe.
Sonnenallergie/ Ausschlag: Hautberuhigenden Salben. Bei starkem Juckreiz: antiallergische Tabletten.
Insektenstiche/ Quallenbiss: Als Soforthilfe ist eine kortison-/antibiotikahaltige Salbe lokal für 2 bis 3 Tage aufzutragen.Fußpilz: Zur Vermeidung nach dem Baden pilztötenden Spray auftragen.
Dr. Sabine Schwarz ist Hautärztin; hautzentrumwien.at
Verletzungen
Banale Sportverletzungen: Für oberflächliche Schürfwunden und Kratzer Splitterpinzette, Desinfektionsmittel und wasserfeste, atmungsaktive Wundpflaster einpacken. Sprühverbände sind zweite Wahl.
Einfache Prellungen/ Zerrungen: elastische Bandage, Coolpack und entzündungshemmende Pflaster (Salben) zur Linderung Nackensteifigkeit: Vorbeugen mit einer Hals-/Nckenbandage (Schanzkravatte). Tipp: Magenschutz bei Schmerzmitteleinnahme
Dr. Manuel Sabeti FA f. Orthopädie, Orthopädische Chirurgie & Sportarzt; sportweh.at
Kinder
Das Wichtigste: Schmerz- oder Fiebermittel mitführen.
Stressfreie Anreise: Bei Flugreisen helfen Nasentropfen, den Druck besser auszugleichen. Für kleinere Verletzungen nehmen Sie ein Desinfektionsmittel und Pflaster mit.
Entzündungen/Allergien: Ohrentropfen auf antibiotischer Basis werden oft benötigt, da es häufiger zu einer Entzündung im äußeren Gehörgang kommt.
Dr. Bianca Schender-Scheffknecht. FÄ für Kinder- und Jugendheilkunde; ihrkinderarzt.at
Gynäkologie
Vaginalmykose: Durch Pilze verursachte Infektionskrankheiten sind keine Seltenheit im Urlaub. Deshalb unbedingt eine Einmal-Vaginaltablette (Canesten, rezeptfrei) und eine Scheidencreme in die Reiseapotheke einpacken. Noch einfacher in der Handhabung ist eine Einmaltablette Fluconazol zum Schlucken – erspart die vaginale Applikation.
Gut zu wissen: Notfallkontrazeption (die „Pille danach“) ist im Ausland schwer erhältlich.
Dr. Johannes Seidel; FA für Gynäkologie; womanandhealth.at
HNO
Gehörgangsentzündung: Um einer Gehörgangsentzündung vorzubeugen, helfen Normison Ohrentropfen. Akut können Otalgan Ohrentropfen helfen.
Achtung Schnupfen: stört die Tubenbelüftung und somit den Druckausgleich – daher: nicht tauchen! Bei einer Flugreise helfen abschwellende Nasentropfen. Allergiker sollten sich vorab über Belastungen informieren und Medikamente mitbringen.
Ao. Univ. Prof. Dr. Berit Schneider-Stickler; Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde; med4com.at
Diabetes
Optimal Vorbereitung: – Wichtige Medikamente & Co. (s. unten) ins Handgepäck. – An eine spezielle Auslandsreiseversicherung denken. – Traubenzucker dabei haben, um eventuelle Hypoglykämie (Unterzucker) schnell behandeln zu können. – Über Diabetikerzentren/spezialisierte Ärzte erkundigen Auf der Reisen zu beachten: 1 – Für die Sicherheitskontrolle am Flughafen sollte man ein ärztliches Attest über den Insulinbedarf haben. – Bei einem längeren Flug sollte man Unterzuckerung vermeiden und daher alle drei Stunden den Zucker messen.
Sicher urlauben: -Bezüglich Medikation (Tabletten und/oder Insulin) und Essen Zeitverschiebungen einplanen. – Besonders in den ersten Tagen, öfter Blutdruck messen und kontrollieren, wie er am Urlaubsort auf die Umstände reagiert. – Insulin vor Hitze schützen. Teststreifen kühl lagern. – Fußsohlen/Zehenzwischenräume nach Barfußgehen untersuchen (Gründe: diabetische Neuropathie oder Angiopathie).
Reiseapotheke Checkliste: – Insulinvorräte und/oder Tabletten, doppelte Vorräte (ins Handgepäck!) – Spritzen, Pen – Material zur Selbstkontrolle (eventuell Ersatzmessgerät, doppelt so viele Teststreifen) – schnell und langsam resorbierbare Kohlenhydrate (Traubenzucker) – Kohlenhydrataustauschtabelle – bequeme Schuhe und Fußpflegemittel – Sonnenbrille bei greller Sonne
Prim. Dr. Rudolf Hanslik, MSc Arzt für Allgemeinmedizin, FA für Innere Medizin; privatmedizin.at
Allergien und Urlaub: ein Leitfaden
1. Abklärung: Information ist das Um und Auf. „Das wichtigste für Allergiker“, so OMR Dr. Elisabeth Zehetner, FA für Lungenkrankheiten und Allergien, „ist, vor dem Urlaub mit dem Arzt Ihres Vertrauens über die Urlaubspläne zu sprechen. In jedem Land bestehen andere allergische Grundsituationen. Der Pollenflug und die Blüte setzen in verschiedenen Ländern zu verschiedenen Zeiten ein. Auch Blüten, die es bei uns nicht gibt, können allergische Symptome auslösen, wie in Italien die Olivenblüte. Auch sollten Allergiker darauf achten, mit einem möglichst guten Allgemeinzustand in den Urlaub zu fahren. Ist der Körper geschwächt, wirken sich auch Allergien stärker aus.
2. Konzentrierte Vorbereitung: Reiseapotheke mit den Spezialisten erstellen. Aus vorher genannten Gründen ist es für Allergiker besonders wichtig, die gewohnte Medikation und auch eine Bedarfsmedikation mitzuhaben. Medikamente im Ausland zu kaufen, kann oft schwierig sein. Diese sehen anders aus, haben andere Bezeichnungen und können zudem anders dosiert sein. Weiters ist es wichtig, den Allergiepass und eventuell auch Befunde mitzuhaben.
3. Achtsam durch den Urlaub: Keine Experimente beim Essen! Finger weg von rohem Obst, rohem Gemüse, rohem Fleisch sowie rohen Meeresfrüchten und Fisch. Wichtig ist es, Kreuzallergien zu vermeiden (z. B. keine Kiwi essen, wenn man Birkenallergie hat).
Luftverschmutzung meiden! Bezüglich Lunge und Asthma – Betroffene sollten alle Orte meiden, an denen die Luftverschmutzung stark ist. Dies schadet der Lunge und kann Asthmaanfälle provozieren. Auch Asthmatiker sollten unbedingt ihre Medikamente dabei haben. Es kann oft mühsam sein, diese im Ausland beschaffen zu müssen.
Grenzen kennen. Wer wandern geht, sollte wissen: Bis zu einer Höhe von 2.500 Metern bestehen für Asthmatiker keine Probleme. Höher sollte es dann aber lieber nicht gehen bzw. nur unter Einhaltung gewisser Vorsichtsmaßnahmen und guter Vorbereitung nach Rücksprache mit dem Arzt. Entwarnung gibt es beim Fliegen: Im Flugzeug haben Asthmatiker wenig zu befürchten: Der Luftdruck gleicht etwa jenem auf 2.200 Metern Seehöhe.
OMR Dr. Elisabeth Zehetner Fachärztin für Lungenkrankheiten und Allergien; lungenspezialist.at
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