Experte: Forschung ist "relativ nah dran"
In der Behandlung von Schizophrenie steht mittelfristig ein Meilenstein bevor. In fünf Jahren dürfte es möglich sein, durch bildgebende Verfahren wie Magnetresonanz- (MR) und Computertomografie (CT) "ins Gehirn zu schauen" und Verdachtsmomente diagnostisch zu erhärten, sagte der Direktor der Innsbrucker Biologischen Psychiatrie, Wolfgang Fleischhacker, am Mittwoch im Gespräch mit der APA.
In Forschungsarbeiten, die derzeit überall auf der Welt durchgeführt würden, sei man bereits "relativ nah dran", meinte Fleischhacker. Schizophrenie sei primär eine Erkrankung, die Jugendliche betreffe. Bei diesen gebe es oft eine "Vorphase", in der sie sich auffällig verhalten würden und unter anderem "bizarre Ideen" hätten. Bei zwei Drittel der Jugendlichen könne man von einer ungefährlichen Phase in der Entwicklung sprechen. "Bei einem Drittel wäre es jedoch wichtig, auf Basis von bildgebenden Verfahren früh intervenieren zu können", erklärte der Mediziner.
Zudem seien bei Forschungen zuletzt klare Hinweise auf Risikogene für die psychische Erkrankung gefunden worden. Eine medizinische Studie, die bereits publiziert worden sei, habe 109 Risikogene zutage gefördert. "Zu 80 Prozent" sei Schizophrenie ein genetisches Risiko, meinte Fleischhacker. Nun wisse man ein bisschen besser, welche Gene in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen."Nur ein verantwortliches Gen gibt es jedenfalls nicht", machte der Direktor der Biologischen Psychiatrie an der Medizinischen Universität Innsbruck deutlich.
Als Ursache für die Erkrankung, die meistens Mensachen zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr betrifft, gelten laut aktuellem Forschungsstand Kommunikationsstörungen zwischen Nervenzellen in jenen Gehirnarealen, die für die Koordination und Bearbeitung von denken, Fühlen und Wahrnehmen verantwortlich sind. Diese Kommunikation werde durch Überträgersubstanzen im Gehirn, sogenannte Neurotransmitter, vermittelt.
Nur 15 Prozent aller an Schizophrenie Erkrankten werden nach einer Behandlung nie wieder krank, betonte Fleischhacker. Ob das Rückfallrisiko hoch ist, hänge auch davon ab, ob die Diagnose früh erfolgte oder nicht. Bei den meisten Patienten sei eine lebensbegleitende Behandlung notwendig. "Viele brechen sie vorzeitig ab. Das ist ein großes Problem", warnte der Wissenschafter. Eine medikamentöse Behandlung alleine sei "nicht das Gelbe vom Ei". Im Idealfall werde sie durch rehabilitative Maßnahmen ergänzt.
Die Zahl der an Schizophrenie Erkrankten sei übrigens in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, sondern über die Jahrzehnte stabil geblieben. Etwa eine von 100 Personen oder ein Prozent der Bevölkerung erkrankt mindestens einmal im Laufe ihres Lebens an daran, erläuterte Fleischhacker.
Auch Innsbruck ist Teil der internationalen "Woche des Gehirns", die vom 16. bis zum 20. März über die Bühne geht. Dabei werden Experten der Medizinischen Universität in Vorträgen unter anderem neue Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns geben, erklärte die Verantwortlichen am Mittwoch bei einem Pressegespräch.