Einer von zehn Jugendlichen entwickle schädliche Konsum- bzw. Verhaltensmuster
Über drei Prozent der österreichischen Jugendlichen sind laut Experten der Innsbrucker Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie internetsüchtig. Eine Befragung unter Innsbrucker Schülern habe zu diesem Ergebnis geführt und könne auf das gesamte Bundesgebiet umgelegt werden, erklärte die Direktorin der Universitätsklinik, Kathrin Sevecke, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.
Schädliches Nutzungsverhalten
Die Befragung der Schüler habe zudem ergeben, dass knapp acht Prozent einen problematischen Internet-Gebrauch aufweisen. Aktuellen Zahlen zufolge hat der Großteil der österreichischen Jugendlichen ein normales Nutzungsverhalten. Ein kleiner, aber wachsender Teil - nämlich einer von zehn Jugendlichen im Alter von 13 bis 16 Jahren - entwickle schädliche Konsum- bzw. Verhaltensmuster. 100 Prozent der Jugendlichen würden derzeit das Internet nutzen, 80 Prozent davon auf einem mobilen Gerät.
Auch Kinder seien zunehmend von Internet- und Smartphone-Abhängigkeit betroffen. "Dahin gehend gibt es aber wenige bis keine Daten bzw. Studien", erklärte Sevecke. Das "nicht-stoffgebundene Suchtverhalten" sei aber auch bei Volksschulkindern ein "immer relevanteres Thema".
Internet-Sucht als Symptom
Jugendliche würden beim Entzug vom Smartphone ähnliche bis gleiche Entzugssymptome aufweisen wie beim Entzug von klassischen Drogen, berichtete der stellvertretende Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Martin Fuchs. Bei jugendlichen Patienten mit anderen psychiatrischen Grunderkrankungen bestehe zudem ein fünffach höheres Risiko für suchtartigen Internetgebrauch. Internet-Sucht sei oft ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung.
Die Experten rieten den Eltern, eine Art Regelwerk für ihre Kinder zu erstellen. Es gelte, die Psyche der Kinder für einen verantwortungsvollen Medienkonsum zu schulen. Für "sinnvoll" erachtete Fuchs auch etwa die Erklärung des Abendessens zur "Smartphone und Tablet-freien Zone".
Trend: Weg von "klassischen" Suchtgiften
Auch bei der klassischen Drogensucht konnten die Mediziner mit neuen Erkenntnissen aufwarten. Die Entwicklung gehe bei den Jugendlichen weg von klassischen Suchtgiften - intravenöse Drogen würden sogar abnehmen - hin zu synthetischen, psychoaktiven Substanzen aus dem Labor. Solche synthetischen Substanzen würden zunehmend im Internet bestellt und dann ausprobiert - "ohne zu wissen, was drinnen ist", sagte Sevecke.
"Nicht so harmlos" wie teilweise angenommen sei indes Cannabis. Dabei sei die Wirkung auf die Hirnreifung bei Jugendlichen sowie als Einstiegsdroge unterschätzt worden. "Wobei wir hier nicht nur den Einstieg in die Drogensucht meinen, sondern auch den Einstieg in ernstzunehmende psychische Erkrankungen", erläuterte die Direktorin.
Positiv sei jedoch, dass in dem Bereich der stoffgebundenen Süchte bei Jugendlichen inzwischen auch die Forschung einen großen Schritt weiter ist. Als Folge der intensiven Forschung bestehen inzwischen eigene, auf Jugendliche zugeschnittene Entzugsprogramme. In der neuen Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall in Tirol werde es deshalb auch die einzige auf diese Altersgruppe zugeschnittene Suchtstation Österreichs geben, so Sevecke.