Mögliche Erklärung, warum einige Krankheiten eher im Winter auftauchen.
Das menschliche Immunsystem passt sich wahrscheinlich den Jahreszeiten an. Die Aktivität von fast einem Viertel der Gene verändere sich je nach Saison, berichteten Forscher im Fachjournal "Nature Communications". Dies biete eine mögliche Erklärung dafür, dass bestimmte Krankheiten im Winter häufiger oder schlimmer auftreten und Menschen in den Sommermonaten eher gesund bleiben.
Kalender der Krankheiten
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Jänner: Grippe
Im Jänner erlebt die Grippe meist ihren Höhepunkt. Plötzlich starkes Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen zwingen uns in die Knie. Erkrankte sollten für einige Zeit das Bett hüten - die Ansteckungsgefahr ist groß. Stärken Sie bereits im Herbst Ihr Immunsystem mit einer ausgewogenen Ernährung, Sport, viel frischer Luft und ausreichend Schlaf, dann sind Sie für die Erkältungszeit gewappnet. Sie können sich auch gegen Influenza impfen lassen. Menschen ab 60 Jahren, Schwangeren und chronisch Kranken wird die Schutzimpfung empfohlen. Vorsicht: Die Grippeimpfung schützt natürlich nicht vor einem grippalen Infekt.
Februar: Norovirus
Übelkeit, Erbrechen und Durchfall: Das Norovirus hat Hochsaison. Meistens startet die Erkrankungswelle bereits im Oktober, die meisten Menschen erwischt es aber im Februar. Der Erreger verursacht Brechdurchfall und ist hoch ansteckend. Oft sorgt das Virus für leere Klassenzimmer und Büros. Bester Schutz: Sorgfältige Hygiene! Waschen Sie sich mehrmals täglich die Hände, benutzen Sie zwischendurch ein Desinfektionsmittel, vor allem nach dem WC-Besuch und vor dem Essen sollten Sie auf strenge Hygiene achten.
März: Heuschnupfen
Die meisten Menschen freuen sich über den aufkeimenden Frühling, Heuschnupfen-Geplagte allerdings nicht. Die Pollen fliegen wieder! Je nach Witterung starten Birke und Hasel mit dem Pollenflug, bald sind auch andere Baumpollen unterwegs. Heuschnupfen macht sich durch tränende, juckende Augen, laufender Nase, Niesanfälle und Husten bemerkbar. Spezielle Nasensprays, Augentropfen und Antihistaminika sollen die allergische Reaktion des Körpers dämpfen. Langfristig hilft eine Hyposensibilisierung.
April: Wetterfühligkeit
Der April, macht was er will! Mal ist es zu heiß für die Jahreszeit, dann gibt es tagelangen Dauerregen - das schlägt auf das Gemüt und sorgt bei Wetterfühligen für Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme. Auch rheumatische Beschwerden wie Gelenk-, Glieder- und Rückenschmerzen können die Folge sein. Wer besonders empfindlich auf das Wetter reagiert, sollte sich viel an der frischen Luft bewegen, sich gesund ernähren und auf Alkohol und Nikotin verzichten.
Mai: Zecken
Im Mai haben Zecken Hochsaison! Die Blutsauger warten in Wald und Wiese auf ihre Opfer. Zecken übertragen im schlimmsten Fall gefährliche Krankheiten wie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Borreliose. Gegen FSME gibt es eine Schutzimpfung. Vor Stichen schützen Sie sich am besten mit langer Kleidung und geschlossenen Schuhen. Hier lesen: So entfernen Sie Zecken richtig!
Juni: Blasenentzündung
Das luftige Kleidchen, der erste Sprung ins kühle Nass oder barfuß im Garten - schon ist die Blase verkühlt. Im Juni klagen viele Frauen über eine Blasenentzündung. Wie kann man vorbeugen? Wechseln Sie nach dem Schwimmen sofort den nassen Bikini, trinken Sie viel und halten Sie Bauch und Füße warm. Wenn es Sie erwischt hat, helfen warme Fußbäder, Blasentees und eine Wärmflasche. Bei Blut im Harn oder starken Schmerzen sollten Sie einen Arzt aufsuchen, dann ist vielleicht eine Antibiotika-Therapie sinnvoll. Hier lesen: So hat die Blasenentzündung keine Chance!
Juli: Scheidenpilz
Im Sommer hat auch der Scheidenpilz Hochsaison. Eine Infektion macht sich durch Jucken, Brennen und weißen Ausfluss bemerkbar. Wie kommt es dazu? Das Scheidenmilieus kann durch häufige Schwimmbadbesuche, synthetische Unterwäsche, Geschlechtsverkehr oder Medikamente aus dem Gleichgewicht geraten und so anfällig für Pilze werden. Luftige Kleidung und Unterwäsche aus natürlichen Materialien, Safer Sex und Hygiene sorgen für ein gesundes Scheidenklima.
August: Salmonellen
Wenn es richtig heiß ist, fühlen sich Salmonellen wohl. Eine Infektion führt zu schweren Durchfällen und Erbrechen. Aufpassen sollten Sie vor allem bei Speisen aus rohen Eiern (Tiramisu, Mayonnaise), Fleisch und Eis. Werden die Speisen nicht richtig gekühlt, vermehren sich Salmonellen explosionsartig. Wie schützen? Verzichten Sie auf Speisen mit rohen Eiern, achten Sie auf sorgfältige Küchenhygiene und garen Sie die Speisen durch.
September: Kopfläuse
Mit dem Schulbeginn habkommen die Läuse. Kinder sind die bevorzugten Opfer, weil sie beim Spielen sehr engen Kontakt haben. Kopfläuse breiten sich sehr rasch aus und sorgfältige Hygiene ist sehr wichtig. Wenn Läuse in der Familie auftreten, sollten Kleidung, Bettzeug, Kuscheltiere, Haarbürsten, Haarspangen, Teppiche und Autositze gründlich gereinigt werden. Gegen die Läuse helfen Haarmittel aus der Apotheke.
Oktober: Erkältung
Im Herbst beginnt die Schnupfenzeit! Halsweh, Husten, Schnupfen, Fieber und Ohrenschmerzen haben jetzt Hochsaison. Das Immunsystem muss auf Hochtouren arbeiten und sollte mit einer ausgewogenen Ernährung, viel frischer Luft und mäßig Sport unterstützt werden. Achten Sie außerdem auf ausreichend Schlaf und witterungsgerechte Kleidung. Lesen Sie hier: So werden Sie jetzt nicht krank!
November: Hausstauballergie
Da wir uns jetzt vermehrt in geschlossenen Räumen aufhalten, quälen uns Hausstaubmilben besonders stark. Sie lauern in Betten, Decken und Matratzen und lösen tränende Augen, Niesanfälle und auch Asthmaanfälle aus. Was können Sie tun? Lüften Sie regelmäßig und wechseln Sie häufig die Bettwäsche. Spezielle Bettwäsche für Allergiker kann ebenfalls helfen. Lesen Sie hier: So bekämpfen Sie Hausstaub-Milben!
Dezember: Hämorrhoiden
Neben dem Winterblues haben jetzt auch Hämorrhoiden Hochsaison. Warum? Wir faulenzen auf der Couch, nehmen schweres Essen zu uns und bewegen uns kaum - das macht die Verdauung träge. Verstopfungen sind die häufigste Ursache für Hämorrhoiden. Was können Sie tun? Essen Sie ausgewogen, bewegen Sie sich regelmäßig und vermeiden Sie Übergewicht. Lesen Sie hier: 15 Dinge, die Ihrem Darm gut tun.
Krankheiten variieren jahreszeitlichSchon länger ist bekannt, dass Herz-Kreislauf- und Autoimmunerkrankungen wie Diabetes-Typ-1 und Multiple Sklerose jahreszeitlich variieren, ebenso bestimmte psychische Krankheiten. Auch verändert sich der Vitamin-D-Haushalt des Körpers im Verlauf des Jahres. Die Studie der Universität Cambridge legt nun nahe, dass all diese Veränderungen mit einem jahreszeitlich variablen Immunsystem zusammenhängen könnten.
Wie das Team um den Genetiker John Todd herausfand, sind 5.136 von 22.822 untersuchten Genen im Sommer oder Winter aktiver. Diese jahreszeitliche Abhängigkeit hat Auswirkungen auf die Zellen, die für die Immunabwehr zuständig sind, sowie auf die Zusammensetzung unseres Blutes und des Fettgewebes.
Die Entdeckung wirke zwar auf den ersten Blick offensichtlich, erkläre sie doch, warum sich so viele körperliche und psychische Probleme im Winter verschlimmern, so Todd in einer Mitteilung zur Studie. "Niemand hätte allerdings mit dem Ausmaß gerechnet, mit dem sich das Immunsystem verändert." Die Ergebnisse könnten demnach die Therapien etwa zur Behandlung von Diabetes-Typ-1 beeinflussen und sich auf die Planung künftiger Studien auswirken.
16.000 Menschen untersuchtDie Forscher hatten Blut- und Fettgewebe-Proben von mehr als 16.000 Menschen aus Großbritannien, den USA, Island, Australien und Gambia untersucht. Mit einer Vielzahl von Methoden analysierten sie die Aktivität ausgewählter Gene in bestimmten Zellen oder Geweben.
Die mehr als 5.000 je nach Jahreszeit unterschiedlich aktiven Gene zeigten dabei gegensätzliche Muster - je nachdem, ob sie von Menschen aus der nördlichen oder der südlichen Hemisphäre stammten. So enthielten etwa die Proben aus Gambia eine besonders hohe Zahl von Immunzellen im Blut, wenn sie in der Regenzeit (Juni bis Oktober) entnommen wurden. Zu dieser Jahreszeit sind Infektionskrankheiten und dabei speziell jene, die durch Moskitos übertragen werden, in dem afrikanischen Land sehr verbreitet.
Gen ARNTLBesonders interessant für die Forscher war das Gen ARNTL, das - zumindest bei Mäusen - als Reaktion auf Infektionen Entzündungen unterdrückt. Dieses war im Sommer aktiver als im Winter. Wenn ARNTL beim Menschen auf ähnliche Weise wirke, könne eine gezielte Unterstützung dieser genetischen Funktion im Winter dazu beitragen, eine ganze Reihe von Krankheiten effektiver zu behandeln, schließen die Forscher. Sie fanden auch, dass Gene, die für die individuelle Reaktion auf Impfungen verantwortlich sind, im Winter aktiver sind als im Sommer. Demnach wären einige Impfprogramme im Winter effektiver, so die Forscher. Das Immunsystem sei dann bereits "vorbereitet" und reagiere besser.
Unklar ist noch, wie das Zusammenspiel von Jahreszeit und Immunsystem genau funktioniert. Tageslicht und Umgebungstemperatur könnten entscheidende Faktoren sein, vermuten die Forscher. Für den britischen Immunbiologen Mike Turner ist vor allem eine Erkenntnis bedeutsam: "Ein mögliches Ergebnis ist, dass die Behandlung bestimmter Krankheiten effektiver werden könnte, wenn sie auf die Jahreszeiten abgestimmt wird".